Warum die Ankommenszeit so wichtig ist

Die Übergänge von einer Lebensphase in die nächste, in der Fachliteratur Transitionsprozesse genannt, begleiten Sie als Eltern und ihr Kind ein Leben lang. Die Ankommenszeit in der Kindertagespflege ist hierbei ein bedeutsamer und sensibler Schritt.
Deshalb möchten wir von Beginn an Transparenz und Klarheit schaffen, beginnend damit, was eigentlich „Ankommenszeit“ – oder, wie es viele nennen, „Eingewöhnung(szeit)“ – bedeutet.
Es ist die Anfangszeit ihres Kindes bei uns in der Kindertagespflege. In dieser Zeit begleiten wir als Kindertagespflegepersonen ihr Kind, aber auch Sie, langsam, achtsam und Schritt für Schritt dabei, sich an uns, die Räumlichkeiten und die anderen Kinder zu gewöhnen. Gemeinsam lernen Sie unseren Tagesablauf kennen, werden vertrauter mit uns und unserer Arbeit und wachsen Stückchen für Stückchen in neue Routinen hinein.
Wir sind uns bewusst, dass gerade die Ankommenszeit in der Kindertagespflege sowohl für ihr Kind als auch Sie ein sehr emotionales uns tiefgreifendes Erlebnis. Gemeinsam mit Ihnen möchten wir diesen Prozess als ein positives Erlebnis für uns alle gestalten und somit den Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle ihres Kindes legen.
Unsere Ziele während der Ankommenszeit sind:

  • Ihr Vertrauen zu gewinnen, Ihnen ihre Ängste und Sorgen zu nehmen und eine vertrauensvolle Erziehungspartnerschaft aufzubauen.
  • Eine positive Bindung zu ihrem Kind aufzubauen.
  • Einen möglichst sanften Übergang von der Betreuung im Elternhaus hin zur Kindertagespflege zu schaffen – Schritt für Schritt.
  • Die Integration ihres Kindes in die bestehende Gruppe

Woran wir uns orientieren

Das Kind „(…) beginnt seinen Weg zur Unabhängigkeit, den wir beschrieben haben, und wir könnten sagen, dass es seine Arme der Umgebung öffnet, sie empfängt, sie absorbiert, bis es sich die Gewohnheiten der Welt, in der es lebt, zu eigen macht.“

Montessori, Maria: Das kreative Kind. Der absorbierende Geist. – Freiburg i. Br. 1972 (Herder), S. 92f

Bedürfnisorientierte Ankommenszeit (Eingewöhnung) – was heißt das?

Der Übergang von der Familie in die Kindertagespflege ist für das Kind mit vielen Veränderungen verbunden. Es lernt eine neue räumliche und soziale Umgebung kennen, bekommt neue Beziehungsmöglichkeiten, kann viele neue Erfahrungen sammeln und es ist vermutlich das erste Mal in seinem Leben getrennt von seinen Bezugspersonen auf Entdeckungstour.
Aber nicht nur für das Kind verändert sich vieles, sondern auch für die Bezugspersonen, die Kindertagespflegepersonen und auch für die bestehende Gruppe.
Um all diesen „vier Blättern eines Kleeblatts“ eine möglichst stressreduzierte Ankommenszeit zu ermöglichen, ist der bedürfnisorientierte Ansatz darauf angelegt, nicht nur auf das ankommende Kind, sondern eben auch auf alle anderen Beteiligten zu schauen.
Wir beachten somit folgende Kriterien:

  • Was braucht das Kind und was bringt es mit?
  • Was brauchen die Bezugspersonen und was muss sie ausstrahlen?
  • Welche Aufgaben hat die Kindertagespflegeperson?
  • Wie wirkt sich die Ankommenszeit auf die bestehende Gruppe aus und welche Unterstützung braucht sie?

Unsere Beobachtungen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Wir orientieren uns gezielt an folgenden Aspekten, um so individuell wie möglich auf jede Familie und jede Situation eingehen zu können.

  • Signale des Kindes und der begleitenden Bezugsperson – Mimik, Gestik, Emotionen
  • Die Bindung zwischen Kind und Bezugsperson
  • Bekannte Rituale und Gewohnheiten
  • Die Art der Kommunikation
  • Vorerfahrungen mit Trennungssituationen
  • Den Bedürfnissen des Kindes, aber auch denen der Gruppe und der Bezugsperson

Beachten wir alle diese Kriterien und Aspekte und stehen in einem offenen und vertrauensvollen Austausch mit Ihnen, können wir Stress reduzieren und dem Kind die Möglichkeit geben, sich sicher zu fühlen. So kann es seine Umgebung frei erforschen, sie für sich erobern und sich in seiner Entwicklung frei entwickeln.


Ablauf der Ankommenszeit

Vorbereitungsphase

Nachdem Sie die Platzzusage bei uns bekommen haben, erhalten Sie von uns alle wichtigen Vertragsunterlagen und einen Termin für Ihren ersten Elternnachmittag.
Gemeinsam besprechen wir zu diesem Termin alle Fragen zum Vertrag und seinen Anhängen und unterzeichnen ihn.
Außerdem findet ein erstes Kennenlernen untereinander statt und wir informieren über folgende wichtige Aspekte für die kommende Zeit:

  • Spielenachmittage – Wann? Warum? Wie lange? Wie oft
  • Schnuppervormittage
  • Wichtigkeit und Ablauf der Ankommenszeit
  • Verhalten und Aufgaben von Tagespflegeperson und den Bezugspersonen
  • Dokumentation und Abschluss

Die erste Phase – Kennenlernphase

Etwa ab Ostern finden bei uns Spielenachmittage für die neu ankommenden Kinder statt. Jedes Kind besucht uns einmal in der Woche für ca. eine Stunde mit einer Bezugsperson. So kann es uns, die bestehende Gruppe und den SpielRaum kennenlernen.
An den Spielenachmittagen sind maximal zwei neue Kinder anwesend. Die Begleitung und Verantwortlichkeit für das Kind liegen dabei zu 100% bei der Bezugsperson.
Kurz bevor die reguläre Betreuungszeit beginnt, finden zusätzlich ein bis zwei Schnuppertage statt, an denen Kind und Bezugsperson am Vormittag zu uns kommen. Während der ersten Phase ist die Aufgaben der Kindertagespflegeperson die umfassende Beobachtung des Kindes und diesem die Möglichkeit zu geben, frei zu erforschen.

Die zweite Phase – Vertrauensaufbau

Das Kind kommt nun täglich zu uns in den SpielRaum. Kindertagespflegeperson und Kind lernen sich immer besser kennen und auch die Aufenthaltsdauer verlängert sich. Die Bezugsperson ist sicherer Hafen für ihr Kind und immer ansprechbar, falls nötig.
Im Gegensatz zu der ersten Phase bietet sich die Kindertagespflegeperson immer öfter an der passenden Stelle als Bindungsperson an. So kann langsam, aber sicher eine gute Beziehung zwischen Kindertagespflegeperson und Kind entstehen.
Die Tagespflegeperson beobachtet weiterhin genau und tauscht sich täglich mit der Bezugsperson aus.

Die dritte Phase – Erste Trennung

In dieser Phase haben sich Kindertagespflegeperson und Kind schon gut kennengelernt und eine Beziehung zueinander aufgebaut, sodass ein erster Trennungsversuch stattfinden kann. Dieser wird individuell gestaltet, dauert aber maximal 15 Minuten.
Ganz wichtig hierbei ist, dass sich das Elternteil IMMER vom Kind verabschiedet, um ihm Verlässlichkeit zu bieten. Außerdem sind sie jederzeit erreichbar.
Um Unsicherheiten oder Ängste, die sich auf das Kind übertragen könnten, zu vermeiden stehen Kindertagespflegeperson und Bezugsperson weiterhin im engen Austausch.
Je nachdem, wie der erste Trennungsversuch sich für das Kind gestaltet, bauen wir individuell die weiteren Trennungsphasen aus. Am Ende dieser dritten Phase verabschiedet sich das Kind vor der Gruppe von seiner Bezugsperson und kommt eigenständig hinein. Hier nimmt die Kindertagespflegeperson es in Empfang.

Die vierte Phase – Abschluss der Ankommenszeit

Zum Ende der dritten Phase findet ein Abschlussgespräch zwischen Kindertagespflegeperson und Bezugsperson statt. Die Beobachtungen und Entwicklungen in der Ankommenszeit werden reflektieren und gemeinsam eine Aussicht auf die nächsten Wochen besprochen.
Außerdem können Unsicherheiten thematisiert werden. Nach etwa sechs Wochen findet ein weiteres Gespräch statt.

WICHTIG!

Unsere Vorgehensweise wird an jedes Kind individuell angepasst, was den Aufbau der Beziehung zwischen Kindertagespflegeperson, Kind und Sorgeberechtigten fördert und den Auftrag der Kindertagespflege (Betreuung, Erziehung und Bildung) unterstützt.
Keine Ankommenszeit gestaltet sich gleich, da wir jedes Kind dort abholen möchten, wo es steht.
Sie ist entscheidend für die weitere Entwicklung des Kindes und hat somit einen großen Stellenwert in unserer Arbeit mit den Familien.


Was Sie tun können, um die Ankommenszeit positiv zu beeinflussen

  • Ermöglichen Sie, dass immer dieselbe Bezugsperson das Kind während der Ankommenszeit begleitet.
  • Halten Sie sich an Absprachen.
  • Bleiben Sie an ihrem Platz.
  • Lassen Sie ihr Kind sich frei bewegen, die neue Umgebung erkunden und motivieren und ermutigen Sie es dazu, schicken Sie es aber nicht aktiv weg.
  • Bieten Sie dem Kind einen „sicheren Hafen“, zu dem es jederzeit zurückkehren kann, wenn es verunsichert ist, oder Nähe und Trost braucht. Lassen Sie es dann auch wieder gehen.
  • Haben Sie Geduld.
  • Seien Sie flexibel, was ihre Anwesenheit bei uns im SpielRaum während der Ankommenszeit betrifft.
  • Bringen Sie ein Übergangsobjekt mit, das bei uns im SpielRaum bleiben darf.
  • Haben Sie Vertrauen in uns und unsere Erfahrung, aber vor allem auch in ihr Kind.
  • Kommunizieren Sie nicht über ihr Kind, wenn es anwesend ist.